Warum das Nervensystem „Überreagiert“ – Dysregulation erkennen
- Andreas Dohrmann

- vor 5 Tagen
- 6 Min. Lesezeit

⭐ Einleitung
Viele Menschen beschreiben in der Praxis immer wieder ähnliche Erfahrungen:
„Ich reagiere viel stärker als früher.“
„Kleinigkeiten bringen mich aus der Ruhe.“
„Ich fühle mich empfindlicher.“
„Mein Körper fährt sofort hoch.“
„Ich weiß nicht, warum mein Nervensystem Überreagiert.“
Diese Empfindungen sind kein persönliches Versagen, sondern Zeichen einer Dysregulation des Nervensystems.
Dysregulation bedeutet:👉 Das Nervensystem reagiert nicht mehr proportioniert zur Situation— sondern schneller, intensiver oder länger als nötig.
Dieser Artikel erklärt klar, verständlich und wissenschaftlich fundiert:
warum das Nervensystem Überreagiert
welche Mechanismen dahinterstehen
woran man Dysregulation erkennt
wie sie sich im Alltag ausdrückt
was aus Sicht der Polyvagal-Theorie passiert
welche Muster häufig dahinterstecken
⭐ 1. Was bedeutet „Dysregulation“?
Dysregulation beschreibt einen Zustand, in dem das Nervensystem:
aus kleinen Reizen große Signale macht
länger in Aktivierung bleibt
schneller in Schutzreaktionen geht
weniger flexibel zurück in Ruhe findet
Der Körper verliert die Fähigkeit, elegant zwischen Belastung → Ruhe hin- und her zuschalten.
Die häufigsten Muster:
Überreaktion (Sympathikus dominiert)
Überwältigung (dorsaler Vagus dominiert)
Überanpassung (Fawn-Muster)
Wechselinstabilität (ständig zwischen Zuständen hin- und her)
Damit das Nervensystem wieder flexibel wird, muss man zunächst verstehen, warum es Überreagiert.
⭐ 2. Warum das Nervensystem Überreagiert – die tiefere Logik
Es gibt vier Hauptgründe, warum ein Nervensystem in Übererregung geht.
Grund 1: Das Nervensystem Überreagiert wegen chronischer Aktivierung (Sympathikus-Hoch)
Wenn der Sympathikus dauerhaft aktiv ist, bewertet der Körper selbst neutrale Reize als potenzielle Gefahr.
Typische Auslöser:
Dauerstress
Schlafmangel
Reizüberflutung
zu wenig Regeneration
emotionale Belastungen
viele parallele Aufgaben
Der Körper hat gelernt:
👉 „Ich muss wachsam sein. “Das führt zu:
schneller Atmung
erhöhter Muskelspannung
stärkerer Reizbarkeit
innerer Unruhe
Im Textkörper platziert:✔ Das Nervensystem Überreagiert häufig, wenn der Sympathikus zu lange aktiv war und die innere Alarmbereitschaft zur Normalität geworden ist.
Grund 2 – Das Nervensystem Überreagiert bei Erschöpfung (HPA-Achse unten)
Paradox, aber häufig:
Wenn die Stressachse erschöpft ist, wird der Körper empfindlicher, nicht stabiler.
Bei schneller Erschöpfbarkeit reagiert das Nervensystem oft:
mit Überwältigung
mit Rückzug
mit emotionaler Dünnhäutigkeit
Übererregung entsteht hier, weil der Körper keine Ressourcen mehr hat, Reize abzufedern.
Grund 3 – Das Nervensystem Überreagiert durch alte Schutzprogramme (Trauma-/Bindungsmuster)
Neurozeption erinnert unbewusst an vergangene Erfahrungen.
Der Körper reagiert dann nicht auf das, was ist, sondern auf das, was damals war.
Typische Muster:
schnell in Fight
Ausweichen (Flight)
Erstarren (Freeze)
Überanpassen (Fawn)
Diese Muster sind nicht willentlich gesteuert — sie sind erlernte Schutzreaktionen.
Grund 4 – Das Nervensystem Überreagiert durch fehlende Regulation (Vagus niedrig)
Ein stabiler ventraler Vagus bedeutet:
Sicherheit
innere Ruhe
Verbindung
soziale Stabilität
klare Wahrnehmung
Wenn der Vagus geschwächt ist:
wird Atmung flacher
Herzfrequenzvariabilität sinkt
Stress wird stärker empfunden
Reize wirken lauter
Emotionen fühlen sich „größer“ an
Das ist einer der häufigsten Gründe für Dysregulation.
⭐ 3. Dysregulation erkennen – die wichtigsten Anzeichen
Dysregulation zeigt sich in vier Bereichen:
🔹 A) Körperliche Anzeichen
flache Atmung
schneller Puls
Spannung im Brustkorb
Engegefühl
Müdigkeit trotz Schlaf
Schweregefühl im Körper
🔹 B) Emotionale Anzeichen
Überwältigung
Reizbarkeit
Überempfindlichkeit
emotionale Achterbahnen
Rückzug
Gefühl von „zu viel“ oder „zu wenig“
🔹 C) Kognitive Anzeichen
Grübeln
Tunnelblick
impulsive Entscheidungen
Konzentrationsschwierigkeiten
🔹 D) Verhaltensmuster
Prokrastination
Vermeidung
Überanpassung
plötzliche Konfliktreaktionen
ständiges Beschäftigtsein
⭐ 4. Warum moderne Lebensbedingungen Dysregulation begünstigen
Unser Nervensystem ist nicht für:
permanente Reize
digitale Dauerstimulation
Multitasking
soziale Vergleichbarkeit
Schlafunregelmäßigkeit
Geräuschstress
chronischen Leistungsdruck
gemacht.
Deshalb sehen wir heute:
👉 mehr Sensitivität👉 mehr Übererregung👉 mehr emotionale Reaktionen
Nicht weil Menschen schwächer sind, sondern weil das Nervensystem anders gefordert wird als früher.
⭐ 5. Selbsttest: „Ist mein Nervensystem dysreguliert?“
Beantworte die Aussagen mit Ja / Nein:
🔸 Bereich A – Körperreaktionen
Ich atme häufig flach oder unregelmäßig.
Mein Körper fühlt sich oft angespannt an, ohne erkennbaren Grund.
Geräusche, Gespräche oder Reize überfordern mich schneller.
Ich habe häufiger das Gefühl, mein Nervensystem Überreagiert.
Viele „Ja“ → Hinweis auf körperliche Übererregung.
🔸 Bereich B – Emotionale Reaktionen
Ich reagiere schneller gereizt oder empfindlich.
Ich fühle mich bei Kleinigkeiten überfordert.
Ich ziehe mich zurück, wenn es „zu viel“ wird.
Emotionen kommen intensiver oder plötzlich.
Viele „Ja“ → Hinweis auf emotionale Dysregulation.
🔸 Bereich C – Denken & Verhalten
Ich verliere schneller den Überblick.
Ich kann schwer Entscheidungen treffen.
Ich prokrastiniere, obwohl ich etwas erledigen möchte.
Ich fühle mich innerlich hin- und hergerissen.
Viele „Ja“ → Hinweis auf kognitive Dysregulation.
🔸 Bereich D – Alltagsmuster
Ich brauche lange, um nach Stress runterzufahren.
Ich fühle mich trotz Pausen nicht richtig erholt.
Ich werde leicht von äußeren Stimmungen beeinflusst.
Ich erkenne mehrere Stressmuster in meinem Alltag wieder.
Viele „Ja“ → Hinweis auf Dysregulation des Nervensystems.
⭐ 6. Polyvagal-Einordnung: Wie Dysregulation entsteht
Die Polyvagal-Theorie zeigt klar:
👉 Überreaktionen entstehen, wenn der Körper Gefahr statt Sicherheit wahrnimmt.
Dies kann geschehen, selbst wenn objektiv keine Gefahr besteht.
Drei Wege in die Überreaktion:
🔹 1. Sympathische Überaktivierung
Der Körper schaltet in Fight oder Flight – ohne ausreichenden Grund.
Folgen:
Reizbarkeit
Druckgefühl
Anspannung
schnelle Stressantwort
🔹 2. Dorsale Überwältigung (Shutdown-Tendenzen)
Der Körper zieht sich innerlich zurück, wenn etwas zu viel ist.
Folgen:
Energiemangel
Leeregefühl
Überforderung
Rückzug
🔹 3. Ventraler Vagus abgeschwächt
Der Körper hat Schwierigkeiten, Sicherheit zu spüren.
Folgen:
Unsicherheit
emotionale Instabilität
Beziehungsschwierigkeiten
schlechtes Stress-Recovery
Diese Muster erklären, warum ein Nervensystem Überreagiert, obwohl im Außen nichts Dramatisches passiert.
⭐ 7. Alltagsbeispiele für Überreaktionen des Nervensystems
Diese Beispiele helfen deinen Patienten, die Mechanismen intuitiv zu verstehen.
🔸 Beispiel 1: Lärm & Reizüberflutung
Ein lautes Geräusch führt sofort zu innerer Anspannung. Das Nervensystem hat gelernt: „Reize = potenzielle Gefahr.“
🔸 Beispiel 2: Kritik im Gespräch
Eine harmlose Bemerkung fühlt sich bedrohlich an. Hier reagiert das Bindungs-/Beziehungssystem überempfindlich.
🔸 Beispiel 3: Multitasking
Schon zwei Aufgaben gleichzeitig lösen Stress aus. Der Körper erlebt fehlende Kontrolle als Überforderung.
🔸 Beispiel 4: Rückzug nach sozialen Situationen
Menschen fühlen sich „ausgesaugt“, obwohl das Treffen angenehm war. Das System musste zu viel soziale Information verarbeiten.
🔸 Beispiel 5: Schwierigkeiten beim Abschalten
Selbst in Ruhe kann der Körper nicht herunterfahren. Der Sympathikus sucht weiter nach potenziellen Gefahren.
⭐ 8. 4-Wochen-Regulationsplan bei Dysregulation
Dieser Plan hilft, natürliche Mechanismen der Selbstregulation zu unterstützen.
🔸 Woche 1 – Atmung & Rhythmus
6 Minuten verlängertes Ausatmen
1–2 Atempausen täglich
leichte Bewegung am Morgen
bewusste Körperwahrnehmung (Body Scan light)
🔸 Woche 2 – Reizreduktion
2 Stunden digitales Detox am Tag
weniger Multitasking
klare Pausen
ruhige Morgenroutine
🔸 Woche 3 – Vagus- & Körperarbeit
Summen oder Tönen (sanfte Vagusstimulation)
leichte Dehnungen, Schulteröffner
5 Minuten langsames Gehen
sanfte Wärme/kühle Reize für Regulation
🔸 Woche 4 – soziale Sicherheit stärken
ein bewusst ruhiges Gespräch täglich
weicher Stimmklang
ruhiger Blickkontakt
kleine Momente von Verbundenheit stärken
Der ventrale Vagus reagiert besonders auf Stimme, Mimik und Interaktion.
⭐ 9. Rolle der Naturheilpraxis SunDáo
Die Naturheilpraxis SunDáo begleitet Menschen bei:
Dysregulationsmustern
vegetativer Stressdiagnostik
Atem- & Vagusarbeit
EMDR & bilateraler Stimulation
Körper- und Trauma-Informierter Regulation
Stressprofilen für Alltag & Schlaf
Strategien für ein stabileres Nervensystem
Ziel: ein Nervensystem, das flexibel, stabil und belastbar reagiert — statt über zu reagieren oder zu kollabieren.
🟩 FAQ
1. Warum Überreagiert das Nervensystem?
Ein Nervensystem Überreagiert, wenn Belastungen intensiver wahrgenommen werden als früher. Das kann passieren, wenn Stress länger anhält, die innere Erschöpfung steigt oder der Körper Sicherheit schlechter bewerten kann.
2. Woran erkenne ich eine Dysregulation?
Typische Hinweise sind:
schnellere Anspannung
stärkere emotionale Reaktionen
Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen oder sozialen Situationen
innere Unruhe oder Rückzug
Schwierigkeiten beim Abschalten
3. Welche Stressmuster treten bei Dysregulation auf?
Häufig zeigen sich automatische Muster wie:
Fight (Reizbarkeit, Druck)
Flight (Unruhe, Fluchtimpulse)
Freeze (Blockade, Leeregefühl)
Fawn (Überanpassung)
Diese Muster sind Schutzreaktionen des Körpers.
4. Was verstärkt die Überreaktion des Nervensystems?
Faktoren wie Reizüberflutung, digitale Dauerbelastung, geringe Regeneration oder Schlafunregelmäßigkeiten können die Sensitivität des Systems erhöhen.
5. Wie kann das Nervensystem unterstützt werden?
Regulation wird gefördert durch:
langsame Atmung
regelmäßige Pausen
klare Tagesrhythmen
weniger Multitasking
soziale Stabilität
ruhige Übergänge im Alltag
Diese Maßnahmen unterstützen natürliche Mechanismen der Selbstregulation.
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