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EMDR & bilaterale Stimulation – was im Gehirn passiert

  • Autorenbild: Andreas Dohrmann
    Andreas Dohrmann
  • vor 3 Tagen
  • 6 Min. Lesezeit


⭐ Einleitung

Wenn Menschen traumatische Erlebnisse haben, bleibt das Ereignis oft nicht nur im Gedächtnis, sondern auch im Körper und im Nervensystem gespeichert. EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine Methode, die genau hier ansetzt: Sie nutzt bilaterale Stimulation – also links-rechts-Impulse – um dem Gehirn zu helfen, Erinnerungen neu zu verarbeiten.

Viele fragen sich:

  • Wie wirkt EMDR eigentlich?

  • Was passiert dabei im Gehirn?

  • Warum funktionieren Links-Rechts-Reize so gut?

  • Welche Rolle spielen REM-Schlaf, Vagus und HPA-Achse?

Dieser Artikel erklärt verständlich und wissenschaftlich, wie EMDR wirkt – ohne übertriebene Versprechen, gesundheitlich korrekt und tief fundiert.


⭐ 1. Warum traumatische Erinnerungen „stecken bleiben“

Bei Überwältigung passiert Folgendes:

  • Das Nervensystem schaltet in Schutzprogramme (Fight/Flight/Freeze).

  • Der Hippocampus (Ordnen von Erinnerungen) arbeitet abgeschwächt.

  • Die Amygdala (Gefahrenerkennung) speichert die Emotionen besonders stark.

  • Erinnerungen werden fragmentiert, nicht vollständig verarbeitet.

Das Ergebnis:

👉 Das Gehirn speichert das Ereignis wie „noch nicht abgeschlossen“ ab.

Deshalb fühlen sich traumatische Erinnerungen oft an wie:

  • „zu nah“

  • „zu intensiv“

  • „zu gegenwärtig“

Sie bleiben im impliziten Gedächtnis, nicht im narrativen.


⭐ 2. EMDR – was ist bilaterale Stimulation wirklich?


Bilaterale Stimulation bedeutet:

  • rhythmische Links-Rechts-Reize

  • visuell (Augenbewegung)

  • auditiv (Klopfen, Töne)

  • taktil (Tapping)

Das Besondere:

👉 Beide Gehirnhälften werden abwechselnd aktiviert. Es entsteht ein Muster, das dem REM-Schlaf ähnelt.

Bilaterale Stimulation dient nicht dazu, „Erinnerungen zu löschen“, sondern:

  • den Zugang zu Ressourcen zu erleichtern,

  • Überwältigung zu reduzieren,

  • Verarbeitung im Gehirn zu unterstützen.


⭐ 3. Was im Gehirn passiert – die 5 wichtigsten Mechanismen


Die Wirkung von EMDR lässt sich in fünf klaren Bereichen beobachten:

🔹 1. Integration zwischen Amygdala und präfrontalem Cortex

Bei Trauma:

  • Amygdala = überaktiv

  • Präfrontaler Cortex = unteraktiv

  • Regulation = geschwächt

Bilaterale Stimulation hilft, beide Systeme synchroner zu machen:

  • Emotionen werden geordnet

  • Gefahrensignal reduziert sich

  • kognitive Kontrolle verbessert sich

Viele Menschen berichten: „Es fühlt sich danach weniger bedrohlich an.“

🔹 2. Aktivierung des Arbeitsgedächtnisses

Wenn man sich an etwas Belastendes erinnert UND gleichzeitig bilaterale Reize erhält:

  • Arbeitsgedächtnis wird beansprucht

  • emotionale Intensität nimmt ab

  • Abstand zum Erlebten entsteht

Dadurch kann das Gehirn Inhalte neu sortieren.

🔹 3. REM-ähnliche Verarbeitung

Die Augenbewegungen ähneln REM-Schlaf.

REM-Schlaf ist der Zustand, in dem:

  • Emotionen sortiert

  • Erlebnisse integriert

  • Stress reguliert

werden.

EMDR nutzt dieses Prinzip im Wachzustand.

🔹 4. Vernetzung fragmentierter Gedächtnisinhalte

Traumatische Erinnerungen liegen oft in getrennten Netzwerken:

  • Bilder

  • Körperempfindungen

  • Geräusche

  • Emotionen

Bilaterale Stimulation verbindet diese Netzwerke wieder.

Dadurch kann die Erinnerung „zu Ende verarbeitet“ werden.

🔹 5. Beruhigung des autonomen Nervensystems

Während EMDR beobachtet man häufig:

  • tieferes Atmen

  • Vagus-Aktivität nimmt zu

  • Muskeltonus sinkt

  • Körper entspannt sich

Das Nervensystem merkt:👉 „Ich kann das jetzt anders wahrnehmen.“


⭐ 4. EMDR ist kein Vergessen – es ist Neuverknüpfung

Wichtig:

  • Die Erinnerung bleibt bestehen.

  • Das Nervensystem bewertet sie jedoch anders.

  • Die emotionale Ladung wird geringer.

  • Der Körper reagiert weniger mit Alarm.

Man könnte sagen:

👉 EMDR bringt die Vergangenheit dorthin zurück, wo sie hingehört: in die Vergangenheit.


⭐ 5. Warum bilaterale Stimulation so „natürlich“ wirkt

Der Körper kennt Links-Rechts-Muster aus:

  • Gehen

  • Atmen

  • REM-Schlaf

  • Säuglings-Selbstberuhigung

Bilaterale Stimulation spricht damit biologische Rhythmen an, die tief im Nervensystem angelegt sind.


⭐ 6. Wann bilaterale Stimulation hilfreich sein kann


(gesundheitlich korrekt formuliert)

Sie kann Prozesse unterstützen bei:

  • belastenden Erinnerungen

  • emotionaler Übererregung

  • innerer Anspannung

  • vegetativen Dysbalancen

  • Stressverarbeitung

Sie dient der Regulation, nicht der schnellen Lösung.


⭐ 7. Der EMDR-Prozess – Schritt für Schritt erklärt

EMDR folgt einer klaren Struktur, die das Gehirn beim Verarbeiten unterstützt. Hier eine vereinfachte, aber präzise Darstellung:

🔹 1. Stabilisierung & Ressourcen aktivieren

Bevor EMDR beginnt, wird der Körper reguliert:

  • Atmung

  • Orientierung

  • innere Sicherheit

  • Verbindung zu stabilen Erinnerungen („safe places“)

Das stärkt das „Window of Tolerance“.

🔹 2. Zielbild finden

Es wird eine Erinnerung oder Situation gewählt, die emotional belastet.

Man achtet dabei besonders auf:

  • Bild

  • Körperempfindung

  • Emotion

  • Gedanken („negative Kognition“)

Dies bestimmt den Ausgangspunkt.

🔹 3. Bilaterale Stimulation starten

Nun beginnt die Links-Rechts-Stimulation — visuell, auditiv oder taktil. Der Körper bleibt gleichzeitig in Kontakt mit:

  • dem Bild

  • den Empfindungen

  • den Gedanken

Dieser Doppelprozess ermöglicht dem Gehirn, die Erinnerung neu zu „sortieren“.

🔹 4. Verarbeitung zulassen

Es entstehen oft:

  • neue Bilder

  • neue Gedanken

  • körperliche Reaktionen

  • ein Gefühl von Distanz

  • oder ein Gefühl von „es ordnet sich“

Hier arbeitet das implizite Gedächtnis aktiv.

🔹 5. Neubewertung („positive Kognition“) entwickeln

Wenn die emotionale Intensität sinkt, entsteht Raum für:

  • realistischere Sichtweisen

  • neue Bedeutungen

  • hilfreiche Gedanken

Beispiele:

  • „Ich bin nicht mehr dort.“

  • „Ich habe heute andere Möglichkeiten.“

  • „Ich kann mich heute schützen.“

🔹 6. Körper-Scan

Der Körper wird zuletzt überprüft:

  • Gibt es noch Enge?

  • Gibt es noch Druck?

  • Ist der Atem frei?

  • Ist das Nervensystem stabil?

Dies sichert die Integration.

🔹 7. Abschluss & Stabilisierung

Der Prozess endet immer in einem Zustand von Klarheit oder Ruhe.


⭐ 8. Das Window of Tolerance – warum Reaktionen unterschiedlich ausfallen


Menschen reagieren unterschiedlich stark auf bilaterale Stimulation. Ein zentraler Faktor ist das Window of Tolerance, also der Bereich, in dem das Nervensystem Informationen gut verarbeiten kann.

🔸 Innerhalb des Fensters:

  • EMDR fühlt sich geordnet an

  • neue Gedanken entstehen

  • Emotionen bewegen sich, ohne zu überwältigen

  • Körper reagiert reguliert

🔸 Oberhalb des Fensters (Hyperarousal):

  • Herzrasen

  • Angst

  • schnelle Gedanken

  • Anspannung

Hier arbeitet der Sympathikus stärker.

🔸 Unterhalb des Fensters (Hypoarousal):

  • Müdigkeit

  • emotionale Taubheit

  • Dissoziation

Hier dominiert der dorsale Vagus.

Der EMDR-Prozess hat das Ziel, im Fenster zu bleiben — nicht darüber hinauszugehen.


⭐ 9. Körperreaktionen während bilateraler Stimulation

Viele Menschen erleben körperliche Veränderungen, z. B.:

  • tieferes Atmen

  • Muskelentspannung

  • Kribbeln

  • Wärme

  • weicherer Brustkorb

  • ruhigerer Puls

  • klarere Wahrnehmung

Diese Reaktionen spiegeln neurologische Anpassungen wider:

👉 Die Amygdala wird weniger dominant

👉 Der präfrontale Cortex reguliert stärker

👉 Der Vagus gewinnt Einfluss

👉 Der Körper lässt alte Spannungsmuster los

All das geschieht unbewusst und automatisch.


⭐ 10. Warum manche Menschen intensiver reagieren

Es gibt drei Hauptgründe:

🔹 1. Stärke der ursprünglichen Erinnerung

Je überwältigender das damalige Ereignis war, desto stärker reagiert oft das Nervensystem.

🔹 2. Vorhandene Regulationsfähigkeiten

Menschen mit gutem Körpergefühl, Atemzugang und sozialen Ressourcen stabilisieren schneller.

🔹 3. Nervensystem-Prägungen

Frühere Stress- oder Bindungserfahrungen beeinflussen, wie leicht sich das Gehirn öffnet oder schützt.


⭐ 11. Bilaterale Stimulation im Alltag – sanfte, sichere Varianten


Es gibt einfache Wege, bilaterale Stimulation behutsam in den Alltag einzubauen, um Regulation zu unterstützen:

Beispiele:

  • abwechselndes Tippen links/rechts auf den Oberschenkeln

  • links-rechts-Gang im entspannten Tempo

  • Musik mit abwechselnden Kanälen

  • abwechselndes Berühren der Schultern

Wichtig: Es ersetzt keine therapeutische Sitzung, kann aber alltägliche Regulation fördern.


⭐ 12. Rolle der Naturheilpraxis SunDáo

Die Naturheilpraxis SunDáo arbeitet Trauma-informiert und nutzt u. a.:

  • bilaterale Stimulation

  • Ressourcenarbeit

  • Atem- & Zwerchfellzugang

  • Vagus-Regulation

  • EMDR-orientierte Prozessbegleitung

  • Körperwahrnehmungsschulung

Ziel:

👉 Den Körper darin zu unterstützen, zu mehr Ruhe, Klarheit und Stabilität zu finden — im eigenen Tempo, innerhalb des inneren Toleranzfensters.


🟩 FAQ

1. Was passiert im Gehirn bei EMDR?

Während EMDR wird das Gehirn durch Links-Rechts-Reize rhythmisch aktiviert. Dadurch können Abläufe unterstützt werden, die helfen, belastende Erinnerungen anders wahrzunehmen.

2. Wie wirkt bilaterale Stimulation?

Die abwechselnde Aktivierung beider Gehirnhälften kann Prozesse fördern, die das Sortieren von Emotionen erleichtern. Sie wirkt oft ordnend und regulierend.

3. Warum wird EMDR häufig bei belastenden Erinnerungen eingesetzt?

Die Methode kann dabei helfen, die emotionale Ladung einer Erinnerung zu reduzieren, ohne dass die Erinnerung selbst verloren geht.

4. Welche Verbindung gibt es zwischen EMDR und REM-Schlaf?

EMDR nutzt Muster, die REM-Phasen ähneln. In solchen Phasen sortiert das Gehirn Emotionen besonders aktiv.

5. Kann bilaterale Stimulation auch im Alltag hilfreich sein?

Ja – einfache Links-Rechts-Bewegungen wie langsames Gehen, rhythmisches Tippen oder wechselnde Berührungen können beruhigend wirken.


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